Dany vs. Heidi

Mit Entertainment-Riesen ist es, wie mit jedem Goli­ath: Als Nor­mal­sterb­li­cher kommt man ihnen nur bei, wenn man weiß, wo sie ver­wund­bar sind und aus siche­rer Dis­tanz einen gut geziel­ten Schuss anbrin­gen kann. Mit S.H.O.W. hat die Stu­dio­bühne auf Heidi Klums GNTM ange­legt. Und ja, am Ende floss auch Blut.

Natür­lich hätte man ein­fach eine Per­si­flage in den Guck­kas­ten stel­len kön­nen und Worte schlei­fen wie Pfeil­spit­zen. Oder ein böses Film­chen dre­hen. Die Stu­dio­bühne ent­schied sich für das Gesamt­pa­ket: Ein inter­ak­ti­ves Sta­tio­nen­drama mit Impro-Elementen. Videos zu den Kan­di­da­tin­nen und eine Offs­tage Lesung durf­ten da natür­lich nicht fehlen.

S.H.O.W.Es ist unmög­lich, den Ein­satz nicht zu loben, den Dany Hand­schuh für ihr Mega­pro­jekt brachte. Trotz Krank­heit und Aus­fäl­len, trotz Büh­nen– und Ter­min­ver­le­gung – sie hielt an ihrem No-Budget-Projekt fest, brachte ins­ge­samt 36 Per­for­mer zusam­men und auf die Bühne und orga­ni­sierte zu alle­dem ein inno­va­ti­ves Thea­ter­for­mat mit unzäh­li­gen Facet­ten. Ein beacht­li­cher Fel­sen, den sie da gestemmt hat. Lei­der auf Kos­ten der Präzision.

Unver­dient missachtet

Gran­dios war die Idee, ein­zelne Akteure hin und wie­der aus dem Gesche­hen her­aus­tre­ten zu las­sen, um dem Publi­kum kurz ihre jewei­lige Mei­nung auf­zu­drü­cken. Groß­ar­tig auch der Plan, die Leute von Paris nach Miami, über New York nach Mai­land und wie­der zurück zur Zen­tral­bühne zu lot­sen. Statt Namen tru­gen die Mäd­chen Typen­be­zeich­nun­gen. Zwi­schen­durch muss­ten sie sich alle mal von zwei Flei­schern wie­gen und ver­mes­sen las­sen. Sogar an Inter­ven­tio­nen war gedacht: Fans stürm­ten auf die Bühne, eine Repor­te­rin befragte auf­dring­lich das Personal…

Was jedoch fehlte, war die bewusste Fokus­sie­rung. Unver­dient miss­ach­tet etwa saßen zwi­schen zwei Sta­tio­nen Julia März, Maxi­mi­lian Nix und Vera Som­mer­korn. Sie lasen Mit­schriebe der Dia­loge aus GNTM vor.

SHOW 3Aber auch Per­for­mer, die sich aus ihrer Szene lös­ten und an das Publi­kum wand­ten, konn­ten sich nicht immer gegen den Tru­bel hin­ter ihrem Rücken durch­set­zen. Allzu oft wurde augen­fäl­lig, wenn die Dar­stel­ler impro­vi­sier­ten. Die Per­for­me­rin­nen – durch Schil­der auf bestimmte Rol­len­kli­schees fest­ge­legt – ver­ga­ßen gerne über der Impro­vi­sa­tion, wen sie spie­len soll­ten. Gele­gent­lich stand man auf der Bühne sich und dem Zuschauer im Weg. Schließ­lich: Trotz aller gut gemein­ten Deko ließ sich nicht ver­heh­len, dass Paris, Miami, New York und Mai­land ver­däch­tig nach Fran­ken­hof aussahen.

Unter­halt­sam bis zum Schluss

Die Thams und Thoms, Mode­ex­per­ten, die an jeder Sta­tion die Mädels prü­fen soll­ten, waren frag­los super besetzt. Jaap Swa­mi­na­than etwa könnte aus dem Stand als Mode­ra­tor bei einem Pri­vat­sen­der anfan­gen. Wenn er so spielt, wie bei S.H.O.W., würde kei­ner was mer­ken. Auch die Auf­tritte von Nadine Rad­datz als Lady Gaga und Katie Perry mogel­ten sich durch Gelas­sen­heit und Kos­tüm an jeder Pein­lich­keit vor­bei. Von den – sicher wich­ti­gen – Wor­ten, die sie über die Mädels rie­seln lässt, ver­stand man aller­dings fast nichts, da das Büh­nen­ge­sche­hen auf sie keine Rück­sicht nahm. Dafür ver­deckte ihre Gestalt viel vom fina­len Showdown.

S.H.O.W. Bei aller Kri­tik, es wäre fatal zu behaup­ten, S.H.O.W. ginge als Unter­hal­tungs­kon­zept nicht auf. Die ver­schie­de­nen Impro-Parcours waren alle­samt unter­halt­sam. Lan­ge­weile war beim Publi­kum nie zu beob­ach­ten. Als Satire oder Par­odie von GNTM ließ es jedoch über weite Stre­cken die Schärfe ver­mis­sen. Wenn am Ende „Reise nach Jeru­sa­lem“ gespielt wird, Show­mas­te­rin Sadie (Mona Neu­ge­bauer) Pis­to­len aus­teilt und sich die Models damit über die Bühne jagen, kon­den­siert kurz etwas wie eine Hal­tung. Noch mehr davon, wollte man rufen. Aber da war die S.H.O.W. schon zu Ende. Ohne Krat­zer las­sen die Per­for­mer der Stu­dio­bühne ihren Geg­ner nicht zie­hen. Aber zum Schlä­fen­schuss fehlte dann doch noch eine Kleinigkeit.

Den­nis Dreher
http://www.reflexmagazin.de/2013/06/14/dany-vs-heidi/