FAUBlog – Woyzeck I
„Die Studiobühne sind viele Freunde, die sich gegenseitig unterstützen und einem ermöglichen, seine Idee von Theater umzusetzen“ (Teil I von II)
Freitag, 18. November 2016
Woyzeck-Regisseur und FAU-Student Andreas Pommer (Foto: Anna Appel)
Die Studiobühne Erlangen e.V. ist ein freies, unabhängiges Theater in und für Erlangen. Obwohl die meisten Mitglieder Studenten sind, ist jeder eingeladen, sich dort auszuprobieren. Die nächste Inszenierung der Studiobühne befindet sich gerade in den Endproben. Unter der Regie von Andreas Pommer wird „Woyzeck“ am 24., 25. und 26. November um 19.30 Uhr im Kulturforum Logenhaus in der Universitätsstraße in Erlangen aufgeführt. Dabei folgt Andreas einem spannenden, musikalischen Konzept. Aber macht euch am besten selbst einen Eindruck!
Beim Besuch einer Hauptprobe im Logenhaus durfte ich Andreas Pommer einige Fragen zur Studiobühne sowie zu seiner neuen Inszenierung stellen, ein bisschen Probenluft schnuppern und atmosphärischen Gitarrenklängen lauschen.
Andreas, auf der Homepage der Studiobühne kann man lesen, dass du schon seit sechs Jahren dort mitwirkst. Wie bist du damals auf die Studiobühne aufmerksam geworden? Und was machst du nebenbei oder, besser gesagt, hauptsächlich?
Andreas Pommer (AP): Ich studiere Englisch, Geschichte und Darstellendes Spiel auf Lehramt. Als ich damals nach Erlangen gezogen bin, habe ich mich einfach umgeschaut, wo man hier Theater machen kann. Wenn man nicht gerade Theaterwissenschaft-Student ist, gibt es ja nicht so viele Möglichkeiten. Wir haben die AMV (Anm. d. Red.: Akademisch-Musikalische Verbindung Fridericiana Erlangen) und eben die Studiobühne. Die Neuauflage der Studiobühne war damals erst ungefähr zwei Jahre alt. Und dann habe ich gefragt, ob man da mitmachen darf und seitdem bin ich dabei.
Du warst bereits sowohl als Schauspieler als auch als Regisseur tätig. Was macht dir mehr Spaß und warum?
AP: Grundsätzlich macht mir die Regie mehr Spaß. Ich habe jetzt auch schon längere Zeit nicht mehr als Schauspieler auf der Bühne gestanden. An der Regie mag ich nicht nur das Künstlerische, sondern auch das Organisatorische, also, dass man sein kleines Projekt hat, das man von Anfang bis Ende begleitet. Und ich halte mich nicht für den Besten aller Schauspieler. Die Leute, die ich bei meiner neuen Inszenierung dabeihabe, können alle viel besser spielen als ich. Deswegen sollen sie auf die Bühne und ich schaue mir das Ganze von unten an.
Hast du dir die Fähigkeit, Regie zu führen, komplett selbst beigebracht, also nach dem Motto „learning by doing“, oder konntest du viel aus dem Studiengang Dramatisches Gestalten mitnehmen?
AP: Alles ein bisschen. Dramatisches Gestalten ist ein zweijähriger Studiengang, der einen intensiv darauf vorbereitet, mit Schulklassen zu inszenieren. Er hat mich sehr stark beeinflusst. Die ersten ein oder zwei Stücke, die ich hier in Erlangen inszeniert habe, waren aus der Dramatisches Gestalten-Schule. Das hat man ihnen auch angesehen. Jetzt gerade bin ich dabei, wieder einen Schritt zurück zu gehen und meinen eigenen Stil zu finden. Der ist anders als der, den man gelernt hat. Es liegt aber auch daran, dass es einfach Sinn ergibt, mit Schülern in diesem Dramatischen Gestalten-Stil zu arbeiten und mit Studenten anders. Die Lernpotenziale des Theaters haben natürlich einen viel größeren Stellenwert in der Schule als im Amateurtheater.
Andreas, was ist das Besondere an der Studiobühne?
AP: Das Besondere an der Studiobühne ist die wahnsinnige Vielfalt. An der Studiobühne werden pro Jahr zehn bis zwölf Stücke von zehn bis zwölf unterschiedlichen Regisseuren inszeniert und jede Inszenierung ist anders. Und das ist toll. Viele Inszenierungen sind sehr frei und experimentell. Man sieht bei der Studiobühne Dinge, die man im professionellen Theater nicht sehen kann. Viele Inszenierungen der Studiobühne sind sehr gut, manche nicht so gut. Aber das Tolle daran ist, dass man diesen Mix hat. Ich glaube, so ein vielfältiges Theater wie die Studiobühne gibt es ansonsten in Erlangen nicht. Deswegen schaue ich mir auch mit Freude jede Inszenierung an, weil ich immer etwas Anderes sehe und von jeder auf ihre eigene Art und Weise beeindruckt bin.
Bei den Proben zu Woyzeck (Foto: Anna Appel)
Und man kann sich mal ein bisschen selbst ausprobieren, oder?
AP: Ja, es gibt eben inhaltlich überhaupt keine Vorgaben. Und das ist etwas Tolles. Selbst wenn man im Ex (Anm. d. Red.: Experimentiertheater des Instituts für Theater- und Medienwissenschaft der FAU) inszeniert, muss man erstmal sein Konzept mit einem Dozenten besprechen. Und die AMV hat einen sehr kleinen Regie-Kanon. Sie ist zwar auch relativ frei, aber inszeniert nur zwei Stücke im Jahr. Das ist etwas Anderes. Die Studiobühne bietet eben eine unglaubliche Vielfalt und das macht sie so beeindruckend, finde ich.
Welche Voraussetzungen sollte man erfüllen, um ein Mitglied der Studiobühne zu werden? Sind alle Mitglieder Studenten?
AP: Das kann man nicht so einfach sagen. Jede Inszenierung hat andere Voraussetzungen. Für manche gibt es Castings. Es gibt aber auch welche, bei denen jeder mitspielen darf. Und manche Regisseure wollen bewusst nur neue Leute. Wir sind ein Verein mit ungefähr 80 Leuten, aber man findet immer wieder dieselben auf der Bühne, weil sie richtig klasse sind. Trotzdem: Jeder kann kommen und sich ausprobieren. Irgendein Stück und irgendeine Rolle für sie oder ihn findet man mit Sicherheit. Ich würde mal schätzen, dass ungefähr zwei Drittel unserer Mitglieder Studenten sind. Viele sind auch sehr lange dabei. Ich bin jetzt zum Beispiel in meinem letzten Semester und war vom ersten Semester an bei der Studiobühne. Und wenn ich nach dem Studium noch ein bisschen hier bin, bleibe ich auch weiterhin dabei.
Wie oft probt ihr bei der Studiobühne? Muss man als Mitglied viel Freizeit opfern?
AP: Auch das ist von Inszenierung zu Inszenierung sehr unterschiedlich. Für meine „Woyzeck“-Inszenierung habe ich jetzt eineinhalb Monate lang geprobt. Es gibt aber andere Inszenierungen, die erst nächsten Frühling Premiere haben, und schon seit einem Monat proben. In der Regel finden die Proben einmal pro Woche statt, wobei es bei immer mehr Inszenierungen der Fall ist, dass nur sporadisch geprobt wird, wann immer Zeit ist.
Und die Aufführungsorte sind ja auch immer unterschiedlich oder?
AP: Ja, das ist auf der einen Seite schade, auf der anderen Seite hat es auch seinen Charme, dass man immer neue Lösungen für die verschiedenen Räume finden muss. Einer unserer neuen Orte ist das Logenhaus, wo auch „Woyzeck“ aufgeführt wird. Daneben werden im Omega und im Stadtteilzentrum Röthelheimpark bald noch Aufführungen stattfinden. Wir waren sogar schon im Babylon-Kino in Fürth. Wir sind gerade ein bisschen auf Wanderschaft und dabei kann man auch ganz viel Neues und Tolles entdecken.
Der zweite Teil des Interviews folgt hier bei #meineFAU am Montag, 21.11.2016.
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