Wenn Carpe Diem zum Diktat wird…
Die Sache mit dem Sinn des Lebens ist so eine Sache in Theaterstücken, irgendwie schwingt sie schließlich immer mit. Warum also nicht gleich extrahieren und explizit danach fragen? So geschehen in 24 Stunden, einer Produktion des theater zwo sieben, das dieses Wochenende bei der Studiobühne Erlangen zu Gast war. Von der Frage ausgehend, was wohl zu tun wäre, wenn man noch 24 Stunden zu leben hätte, werfen fünf Schauspieler Fragen nach dem Tod und damit einhergehend nach dem Leben auf.
Die dabei gestellten Fragen und mögliche Antworten darauf sind eine Art Collage aus einer Cicero-Serie, in der Prominente sich dazu äußern, wie sie die letzten 24 Stunden vor ihrem Tod zubringen würden, und dem Buch „Wie halte ich das alles nur aus?“ von Sibylle Berg. Verschiedene Lebens– und Todesentwürfe werden vorgestellt, Formulierungen wie „Existieren ist doch bloß ein Plagiat“ lassen aufhorchen. Zwischen verschiedenen Vorschlägen zu den letzten 24 Stunden erscheinen Reflexionen über Liebe, Beziehung und Gesellschaft.
Auch sie enthalten die Frage nach dem Sinn, beispielsweise dem einer angepassten Leistungsgesellschaft, in der die Krawatte „als griffbereites Suizidwerkzeug in der Nähe des Kopfes“ erscheint und Carpe Diem zwangsneurotisch herausgebrüllt wird.
Durch überzeugende Inszenierungsarbeit werden die Reflexionen subtil mit zusätzlichen Komponenten versehen. Dann beispielsweise, wenn die Sinnfrage, verdeutlicht durch minimale Requisiten wie Frisörkittel und Zeitschriften, beim Frisörbesuch gestellt wird, und man über Omnipräsenz und mögliche Trivialisierung solcher Fragen nachdenkt. Eingespielte Musiksequenzen lassen außerdem verschiedene Stimmungen verschiedener „letzter Tage“ entstehen.
Wirklich neue tiefgreifende Erkenntnisse oder gar Ergebnisse nimmt man aus Anneke Ulrike Steffens Inszenierung allerdings nicht mit. Soll man aber auch nicht. Vielmehr geht es im kurzen und kurzweiligen Stück um Impulse – 50 Minuten zu möglichen 24 Stunden.
Vera Podskalsky
http://www.reflexmagazin.de/2014/01/19/wenn-carpe-diem-zum-diktat-wird/