Sandmann im Walddorf
«Studiobühne Erlangen» präsentierte Grusel-Performance
Die Atmosphäre macht’s: Schon im Vorraum der Probebühne des studentischen «Studiobühne»-Ensembles in der Drausnickstraße sorgt eine Fotoausstellung für leichte Verstörung. Frauen mit seltsamen Gesichtern, mit obszön geöffneten Mündern oder gleich gänzlich ohne Antlitz-Konturen, sind in Wald- oder Industrie-Szenerien zu sehen. Die Verstörung wächst sich zum sanften Gruseln aus, als diese Frauen livehaftig zwischen den Wartenden umherwandeln. Seltsam, dies alles. Auf der Probebühne dann sitzt man direkt vor den wandhohen Terrassenfenstern – und man ahnt: Dort draußen, im Dunkel des Innenhofs, wird jetzt etwas passieren.
«Der Sandmann», die neueste Produktion der «Studiobühne», ist eine ungemein geschickte Fingerübung in Sachen klassischer Horror: Man verquickt in dieser Konzentration bekannt-beliebter Horrormotive E.T.A.Hoffmanns Erzählung vom «Sandmann» mit Ambrose Bierces «Vorfall an der Owl Creek Bridge», spielt komplett open air (nur die Zuschauer sitzen innen) zu vorproduzierter Tonspur (Musik plus Dialoge). Zu sehen gibt es im Licht der Scheinwerfer eine unheimliche Szenenfolge um religiösen Fanatismus im dunklen Wald-Dorf, um verquer-emotionale Raserei, die sich in bedrohlichen Momenten Bahn bricht. Durchfüttert ist der intensive Spuk mit Zitaten aus weiteren (Film-)Vorlagen. Eine rätselhafte Grusel-Tour, feinnervig in Szene gesetzt. Die Atmosphäre macht’s eben.
aus den Erlanger Nachrichten vom 05.11.2009
Autor: Manfred Koch