Don’t fear the reaper

10393546_907486099276619_4118771174518867777_n
Mort und Ysa­bell ler­nen sich ken­nen. Foto: Ste­fan Fries

Am Sams­tag, den 13. Dezem­ber 2014, gab die Stu­dio­bühne zum drit­ten und letz­ten Mal ihr Stück TOD und ICH (Regie Julian Goso­litsch und Nadine Rad­datz) im Fran­ken­hof in Erlan­gen zum Bes­ten. Spä­tes­tens nach­dem die große Ster­nen­schild­kröte Groß A’Tuin mit ihren vier Ele­fan­ten auf dem Rücken, die wie­derum die Schei­ben­welt tra­gen, auf der Bühne sicht­bar wurde, dürfte auch dem letz­ten Zuschauer klar gewor­den sein, dass es sich um ein Stück nach Terry Prat­chett han­delt. In die­sem Falle, um genau zu sein, um „Gevat­ter Tod“, den vier­ten Schei­ben­welt­ro­man des Autors.

 

Da der Tod (Andreas Jüng­ling) ja auch nur ein Mensch, Ver­zei­hung, anthro­po­mor­phes Wesen ist, braucht auch er mal Urlaub. Schließ­lich ist der Beruf anstren­gend, dau­ernd muss irgendwo gestor­ben wer­den, und das Zusam­men­le­ben mit sei­ner spät­pu­per­tie­ren­den sieb­zehn­jäh­ri­gen Adop­tiv­toch­ter Ysa­bell (Marie-Christin Schwab) ist auch nicht gerade ein­fach. Ein­sam wie sie ist, haben es ihr die unglück­li­chen Lie­ben der Lite­ra­tur ange­tan, wobei der neue Lehr­ling viel­leicht auch was tau­gen könnte.

 

Erschwe­rend kommt hinzu, dass Tod in gewis­ser Weise eine Art Sinn­krise hat, wel­che er in sei­nem Urlaub mit ver­schie­de­nen Akti­vi­tä­ten, wie z.B. Besau­fen in der Bar, Tan­zen in einem Club, Besuch beim Ankh-Morporker Arbeits­amt, Aus­hilfe bei Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin-Schnapper (Irm­gard Oeser) als Ratte-im-Teigmantel-Verkäufer, zu bekämp­fen ver­sucht. Lei­der alles erfolg­los. Es muss aber auch wirk­lich sehr depri­mie­rend sein, wenn man nicht einen ein­zi­gen Freund hat und nie zu Par­tys ein­ge­la­den wird.

Da er aber nicht ein­fach ver­schwin­den kann, muss eine Ver­tre­tung her. Also kommt ihm der Jüng­ling Mor­ti­mer (Mat­thias Zol­lisch), kurz Mort, als Lehr­ling grade Recht. Nach kur­zer Ein­wei­sung in die Gepflo­gen­hei­ten des Gewer­bes macht er sich vom Acker.

Mort, der bis­her noch bei kei­nem Job lang geblie­ben ist, stößt auch dies­mal schnell an seine Gren­zen. Hat die Ins-Jenseits-Beförderung einer Hexe (Con­stanze Lör­ner) und eines Abts (Spi­ri­don Kit­tas), der sich nun auf einen neun mona­ti­gen Urlaub freut, bevor er wie­der­ge­bo­ren wird, noch gut geklappt, so ver­mas­selt er es dann gründ­lich bei Prin­zes­sin Keli (Sina Roth). Aber es ist nicht aus­schließ­lich Morts Schuld. Immer­hin war ja urplötz­lich Armor, in wei­ßen Shorts und auf Inline Skates, aus dem Nichts auf­ge­taucht und hat Mort mit sei­nem Pfeil getrof­fen. Wor­auf­hin Mort sich in die Prin­zes­sin ver­guckt und anstatt sie, ihren Atten­tä­ter (Richard Hol­feld) tötet, der sie eigent­lich hätte meu­cheln sollen.

535936_907487555943140_2521843319077189712_n
Der Tod mischt sich unter die Par­ty­gäste. Foto: Ste­fan Fries

Von da an ist das Raum-Zeit-Gefüge des Scheibenwelt-Universums beschä­digt und es muss schnell eine Lösung her bevor der Chef, Tod, wie­der­kommt. Also auf zum Zau­be­rer Schneid­gut (Ste­phan Thie­mann) und sei­ner ver­sau­ten spre­chen­den Tür (Richard Hol­feld). Gemein­sam und nach vie­lem Hin und Her schaf­fen sie es dann doch noch die Rea­li­tät zu ret­ten, wenn auch anders als gedacht, denn den Tod kann man nicht über­lis­ten. Wenn man mal von Tods But­ler Albert (Mar­tin See­burg) a.k.a. Alber­tus Malich, einst einer der größ­ten Zau­be­rer der Schei­ben­welt, mal absieht. In die­sem Fall siegt am Ende, nach einem Kampf mit vol­lem Kör­per­ein­satz der Schau­spie­ler, zwi­schen Tod und Mor­ti­mer, dann doch die Liebe. Denn Ysa­bell bleibt hart­nä­ckig in ihrem Bestre­ben ihren gelieb­ten Mor­ti­mer am Leben zu hal­ten. Tja, und wel­cher Vater kann sei­ner Toch­ter schon so einen Wunsch abschlagen?

So bunt wie die Hand­lung sind auch die Cha­rak­tere und ihre Kos­tüme, wobei beson­ders das pinke reif­rock­un­ter­stützte Kleid Ysa­bells immer wie­der für Erhei­te­rung beim Publi­kum sorgte. Ebenso wie die Tat­sa­che, dass nicht nur die Bühne son­dern Sze­nen­weise auch der ganze Saal bespielt wurde. So kam es durch­aus vor, das Schnap­per wie­der­holt ver­suchte seine „fri­schen“ Ratten-im-Teigmantel an den Mann zu brin­gen. Oder man fand sich plötz­lich in einem Tanz­club mit Kla­vier­mu­sik (Patrick Vogel) und Live­ge­sang (Syl­via Krü­ger) wie­der. Neben der wun­der­ba­ren leb­haf­ten und ebenso actionrei­chen Dar­bie­tung sorg­ten diverse berühmte Film­an­lei­hen aus Herr der Ringe–Die zwei Türme und Riddick–Chroniken eines Krie­gers für all­ge­meine Erheiterung.

Alles in Allem ein wirk­lich schö­nes und gelun­ge­nes Büh­nen­stück mit hohem Unterhaltungswert!

Car­men Käuflin

http://www.reflexmagazin.de/2014/12/18/dont-fear-the-reaper/