Familiendrama im Frankenhof
„Herzlich Willkommen zu Big Daddy Pollitts 65. Geburtstag!“ Die Studiobühne Erlangen zeigt „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ frei nach Tennessee Williams. Doch Vorsicht! Die Gäste erwartet kein zahmer, alter, liebenswerter Herr, kein liebender Vater, Ehemann und Großvater. Nein! Big Daddy (Martin Seeburg) ist mürrisch, leicht reizbar und eigentlich von allen Menschen um ihn herum genervt. Alles Lügner und Taugenichtse. Alle, bis auf Brick (Thomas Jakob).
Wäre da nicht dieses klitzekleine Problem mit Bricks Trinksucht. Die passt seinem alten Herren so gar nicht. Doch Big Daddy ist der festen Überzeugung, dass er mit einem ernsten Gespräch von Vater zu Sohn schon rausbringen wird, was es ist, das Brick zur Flasche greifen lässt. Schließlich ist Big Daddy dem Tod soeben noch einmal von der Schippe gesprungen, oder? Da kann er doch alles schaffen!
Es ist ein langes, anstrengendes Gespräch. Ständig werden Vater und Sohn von anderen Mitgliedern der Familie unterbrochen. Dennoch lässt Big Daddy seinen Sohn, welcher durch eine Verletzung an Krücken gebunden ist, nicht so schnell davon kommen. Er bleibt hartnäckig und duldet keine Ausflüchte, bis ihm Brick schließlich offenbart, warum er ohne den Knacks in seinem Kopf, der ihm Ruhe schenkt, nicht mehr leben kann. Schuld an allem ist Bricks Meinung nach seine eigene Frau Maggie, „die Katze“ (Nadine Raddatz).
Es wird dem Publikum von Anfang an klar, dass Brick und Maggie eine sehr problematische Beziehung zueinander haben. Irgendetwas stimmt nicht. Es steht etwas zwischen den beiden. Während Brick Maggie gegenüber völlig gleichgültig und abwesend zu sein scheint, kämpft sie im Gegenzug um jedes Fünkchen Aufmerksamkeit, das sie von ihrem Mann bekommen kann und wenn es nur eine wütende Reaktion seinerseits ist. Die Ehe ist hier wohl nur noch zweckmäßig.
Dabei scheint Brick und Maggies kaputte Beziehung nicht die einzige Baustelle der Familie Pollitt zu sein, auch Big Daddy und Big Mama (Julia März) sind nicht mehr das Ehepaar, welches sie einmal waren. Die hysterische, schnell aus der Fassung zu bringende Big Mama geht ihrem Mann schon seit Jahren gehörig auf die Nerven.
Gooper (Simon Mazouri), Pollitts zweiter Sohn und Staatsanwalt, und seine Frau Mae (Marie Kropf) sind ebenfalls nicht sorgenfrei an diesem Abend. Die Frage, die sie nicht zur Ruhe kommen lässt und immer wieder zu spitzen, abwertenden Bemerkungen Maes gegenüber Maggie führen, ist: Wer bekommt die Plantage und Big Daddys Besitz nach seinem Tod? Denn dass Big Daddy bald sterben wird, das weiß jeder. Jeder außer ihm selbst und seiner Frau.
Neid, Wut, Angst, Misstrauen, Liebe und Tod. Das Ensemble um Regisseurin Marie-Christin Schwab gewährt dem Premierenpublikum in knapp drei Stunden (aufgelockert durch zwei Pausen) Einblick in die Abgründe der Familie Pollitt, welche so gar nicht in das romantische Südstaatenflair passen will. Es gelingt ihnen, das thematisch gesehen nicht gerade einfache Stück durch die beeindruckende schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller bis zum Schluss durch vollen Körpereinsatz und eine ganze Bandbreite an Emotionen spannend und unterhaltsam zu gestalten.
Wer Big Daddys erste Geburtstagsparty verpasst hat, hat am 16. und 17.6. jeweils ab 19 Uhr im Freizeitzentrum Frankenhof Erlangen noch einmal die Möglichkeit mit ihm und seiner Familie zu feiern. Karten können unter www.studiobuehne-erlangen.de reserviert werden.
Anna Stärtzel
http://www.reflexmagazin.de/2013/06/14/familiendrama-im-frankenhof/