FAUBlog II – Woyzeck

 

„Die Studiobühne sind viele Freunde, die sich gegenseitig unterstützen und einem ermöglichen, seine Idee von Theater umzusetzen“ (2 von 2)

Montag, 21. November 2016

Die Facebook-Seite zum Stück heißt @wzck.erlangen (Foto: Studiobühne Erlangen e.V.)

Hier nun Teil 2 des Interviews mit Andreas Pommer, der bei der Studiobühne Erlangen e.V. bereits in etlichen Produktionen mitgewirkt hat. Unter seiner Regie wird „Woyzeck“ am 24., 25. und 26. November um 19.30 Uhr im Kulturforum Logenhaus in der Universitätsstraße in Erlangen aufgeführt.

Andreas, nun zu deiner „Woyzeck“-Inszenierung. Warum wolltest du den Klassiker „Woyzeck“ inszenieren – ein Stück, das schon etliche Male neu interpretiert und inszeniert wurde?
AP: Letztes Jahr habe ich „Faust“ inszeniert und im Zuge einer Deutschen Klassiker-Reihe ist jetzt „Woyzeck“ dran. Mich reizt an den Deutschen Klassikern vor allem die Tatsache, dass das Publikum die Stücke bereits kennt. Das schafft nämlich eine ganz andere Voraussetzung. Denn wenn ich ein Stück inszeniere, das nicht so bekannt ist, und ich das postmodern und abstrahierend aufziehe, wirkt das sehr schnell verwirrend und ist dann nicht mehr zielführend. Aber ich kann von unserem Publikum erwarten, dass es „Woyzeck“ gelesen hat, und für dieses Publikum ist es dann besonders spannend, eine ganz neue Art und Weise der Inszenierung zu sehen. Diese Freiheit habe ich bei Klassikern.

Ist es trotzdem schwer, bei einem solch bekannten Stück einen neuen, eigenen Ansatz zu finden?
AP: Man möchte natürlich nichts kopieren. Man kann „Woyzeck“ zum Beispiel als Zirkus inszenieren. Das ist oft genug gemacht worden. Mein Ansatz war, dass ich „Woyzeck“ mit live-Musik auf der Bühne inszeniere. Alles andere entsteht häufig im Verlauf der Proben. Ich bin mir relativ sicher, dass das, was wir haben, tatsächlich noch nicht gemacht wurde. Wir hoffen einfach, dass das Publikum ähnlich begeistert sein wird wie wir.

Hat die musikalische Untermalung stückinterne, inhaltliche Gründe? Soll damit etwas Bestimmtes ausgesagt werden?
AP: Unsere Inszenierung hat einen Band-Charakter. Ich habe mich gefragt, was denn eigentlich das Besondere an einem Konzert ist und warum ein Konzert anders funktioniert als ein Theaterabend. Warum gibt es bei einem Konzert Pausen? Warum akzeptieren wir, dass ein Sänger zwischen seinen vielleicht sehr traurigen Balladen aus der Rolle fällt und einen Witz erzählt? Und warum passiert das auf der Theaterbühne nicht? Das ist die Grundfrage. Und die passt meiner Meinung nach gut zur „Woyzeck“-Inszenierung, weil „Woyzeck“ ein einziges Fragment ist. Das heißt, der Versuch, „Woyzeck“ in einem stringenten Ganzen aufzuführen, muss letztendlich scheitern, weil das Stück aus sehr aufgeladene Bruchstücken oder Textfetzen besteht. Es enthält auch sehr wenig Text. Dieses Zerpflückte, das wir mit diesem Band-Charakter haben, eignet sich also viel mehr für die Inszenierung von „Woyzeck“ als von „Faust“, „Nathan der Weise“ oder „Hamlet“, wo man eine stringente Erzählung hat. So haben wir quasi eine Set-List an Szenen, die theoretisch wie die Songs bei einem Konzert austauschbar sind. Praktisch natürlich nicht. Wegen der Technik und weil man im Theater eben doch anderen Punkten folgen muss als bei einem Konzert.

Bei den Proben zu Woyzeck (Foto: Anna Appel)

Im „Woyzeck“ geht es um viele negative Stimmungen und Gefühle. Das Stück beinhaltet Themen wie Determinismus, Pauperismus, Eifersucht, Getriebenheit, Macht, Wahnsinn, Unterdrückung, religiösen Wahn und Gewalt. Zieht einen all das während der Proben herunter oder hattet ihr trotzdem viel Spaß?
AP: Das mit dem Herunterziehen gibt es nur ganz selten und bei sehr spezifischen Szenen, die sehr anstrengend für die Schauspieler sind. Darauf muss man als Regisseur achten und da lohnt es sich dann, Darstellendes Spiel studiert zu haben, weil man sich zu helfen weiß: Man macht noch eine lustige Übung zum Schluss, damit alle mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Aber da wir „Woyzeck“ ja nicht psychorealistisch inszenieren und da die Schauspieler von Szene zu Szene wechseln, haben sie auch nicht diese krasse Identifikation. Ich jedenfalls hatte nicht das Gefühl, dass wir während der Proben traurig waren.

Findest du, „Woyzeck“ ist ein aktuelles oder sogar ein zeitloses Stück?
AP: Es ist fraglos zeitlos, weil es mehr als 200 Jahre nach seiner Entstehung immer noch existiert. Es ist immer noch eines der relevanten Stücke in Kultur und Gesellschaft. Was uns in dieser Inszenierung mehr interessiert als der gesellschaftskritische Teil, ist der zwischenmenschliche Part – die Beziehung von Marie und Woyzeck.

Zu guter Letzt: Andreas, was ist die Studiobühne für dich – in einem Satz?
AP: Die Studiobühne sind viele Freunde, die sich gegenseitig unterstützen und einem ermöglichen, seine Idee von Theater umzusetzen.

Vielen Dank für das tolle Gespräch, Andreas, und toi, toi, toi für die Premiere!

Karten für „Woyzeck“ könnt ihr hier reservieren.
Viel Spaß wünscht Anna Appel

„Die Studiobühne sind viele Freunde, die sich gegenseitig unterstützen und einem ermöglichen, seine Idee von Theater umzusetzen“ (2 von 2)