Man muss nur den Geschichten folgen

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Probeneindrücke

Es war ein­mal eine Pira­ten­bande. Die ent­deckte eines Tages ein Mäd­chen, das auf einer Schatz­kiste im Meer trieb. Wie es sich für eine ordent­li­che Pira­ten­bande gehört, wollte sie sich den Schatz sichern und das Mäd­chen wie­der über Bord wer­fen. Aber das Mäd­chen blieb, nach­dem nur es die Ant­wort dar­auf hatte, wie der Schatz zu öff­nen war. Als die Pira­ten dann aller­dings sahen, was sich in der Schatz­kiste befand, schau­ten sie dumm aus der Wäsche: Bücher. Was soll­ten sie denn mit Büchern? Sie beschlos­sen, ihren ursprüng­li­chen Plan nun wirk­lich in Tat umzu­set­zen. Aber das Mäd­chen ret­tete sich, ein biss­chen wie in Tau­send­und­ei­ner Nacht, mit der Erzäh­lung einer Geschichte und bewies, dass Bücher eben doch ein Schatz sein kön­nen – und zwar ein sehr wertvoller.

Soweit die Rah­men­hand­lung der von Timo Sestu und Julia Hell­berg insze­nier­ten sze­ni­schen Lesung der Stu­dio­bühne in der Kin­der­kli­nik in Erlan­gen. Dass die Kin­der damit gleich den Pira­ten in den Bann der im Fol­gen­den zunächst von dem Mäd­chen und dann von den Pira­ten selbst vor­ge­le­se­nen Geschich­ten gezo­gen wur­den, ver­wun­dert nicht. So fie­ber­ten sie mit der Maus Fre­de­rick, dem klei­nen Kro­ko­dil mit ziem­lich viel Gefühl und dem Ich-bin– Ich, deren Erleb­nisse sie gleich­zei­tig auf im Hin­ter­grund an die Wand pro­ji­zier­ten Bil­dern nach­voll­zie­hen konn­ten. Dabei lern­ten sie, dass man Son­nen­strah­len her­bei erzäh­len kann, es einem klei­nen Kro­ko­dil mög­lich ist, eine große Giraffe zu erobern und dass man ein­fach nur man selbst sein darf.

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Gruppenphoto der tollkühnen Crew

Die letzt­ge­nannte Tat­sa­che hielt am Ende noch ein­mal die Gal­li­ons­fi­gur des Pira­ten­schif­fes fest, deren Beson­der­heit daher rührte, dass sie spre­chen konnte. Dafür wurde sie von Anfüh­rer Kapi­tän Zit­ter­b­art gerügt, der sich beschwerte, sie müsse zu allem ihrem Senf dazu­ge­ben. Das ver­stand sie zwar nicht, als sie anmerkte, sie möge doch gar kei­nen Senf, eines der anwe­sen­den Kin­der aber schon: „Das sagt man doch nur so“.

Und Kapi­tän Zit­ter­b­art, der am Anfang sehr skep­tisch war, schließ­lich befände man sich doch auf einem Pira­ten­schiff und nicht in einem Lese­café, gab dann doch eben­falls sei­nen Senf dazu und erkannte außer­dem, wie wert­voll Geschich­ten sein kön­nen. So war er schließ­lich bereit, dem Mäd­chen mit sei­ner Pira­ten­bande auf die Geschich­ten­in­sel zu fol­gen. Ver­ständ­lich. Denn auf die Geschich­ten­in­sel wünsch­ten sich nach die­ser Lesung wohl nicht nur die anwe­sen­den Kinder…

Vera Pods­kalsky

http://www.reflexmagazin.de/2014/05/03/auf-dem-weg-zur-geschichteninsel-muss-man-nur-den-geschichten-folgen/