prometheuskomplex – eine biographische idee
Das neue Stück der Studiobühne, das ab kommenden Donnerstag im Frankenhof gespielt wird, trägt einen komplexen Titel. Deswegen und da es zudem nicht auf einer Vorlage beruht, sondern ausschließlich aus eigener Feder stammt, ist es vielleicht nützlich, sich im Vorhinein einmal genauer mit den Titelbestandteilen auseinanderzusetzen.
Die Geschichte um Prometheus ist ein Mythos und Mythen kreisen um eine Leerstelle, um grundsätzliche Fragen des Menschseins, die existentielle Bedeutung haben. Beantworten lassen sich diese Fragen nicht, Mythen versuchen lediglich, sich durch Erzählen diesen Fragen anzunähern. In Prometheus werden viele Fragen gestellt, zum Beispiel die Frage nach dem Verhältnis von Mensch und Gott. Sehr häufig wird Prometheus als Kulturstifter und Feuerbringer bezeichnet. Und vor allem hier liegt der Anknüpfungspunkt der Studiobühne: Der Funke, der Veränderung auslöst.
Wenn nun diese Thematik des Veränderns zusammen mit Komplex steht, kann das zweierlei bedeuten. Erstens: Die Entscheidung, etwas ändern zu wollen, wird als Komplex interpretiert. Jemand mit prometheuskomplex kann nicht anders als auf Veränderung zielen. Und das trifft in gewisser Weise auf das Stück zu: Zehn Figuren treffen sich an einem Bahnhof, der als Ort des Aufbruchs und Neuanfangs, aber auch als Ort eines fest vorgegebenen Wegs entlang von Schienen gedeutet werden kann, und können hier der Frage nach Veränderung nicht ausweichen. Unaufhörlich stellen sie sich auf unterschiedlichste Weise Fragen und gelangen zu verschiedensten Antworten. Und hier liegt die zweite Bedeutungsdimension: Komplex ist die Frage nach Veränderungen im Leben, die im Stück letztlich zur Frage nach dem Sinn des Lebens wird, es kann keinen einfachen Lösungsvorschlag geben. Und das ist auch nicht intendiert. Es geht schließlich um Leerstellen wie Glück oder Zeit, denen man sich nur annähert.
Und die Annäherung erfolgt über verschiedene Figuren, die von den Schauspielern selbst erschaffen worden sind. Deswegen lassen sich, wie im Untertitel angekündigt, durchaus biographische Bezüge herstellen. Damit ist auch der Bezug zur Gegenwart gegeben. Themen wie Facebook oder Poetry Slam werden angesprochen, schließlich haben die mitdem Leben der Schauspieler und damit auch mit dem Leben der Figuren zu tun. In der Probe vergangenen Mittwoch bat Lydia Victor, die zusammen mit Maximilian Nix Regie führt, die Schauspieler einen Schritt aus ihrem Körper heraus und einen weiteren Schritt in die Figuren hinein zu gehen. Schließlich bleiben die Schauspieler trotz biographischem Bezug natürlich Schauspieler und erzählen eine andere Geschichte als ihre eigene. Inwieweit der Schritt in die Figur, die sich mit Veränderung auseinandersetzt, gelingt und in wie weit dadurch existentielle Fragen verhandelt werden ohne an der Oberfläche zu bleiben, darüber kann sich ab nächster Woche jeder selbst ein Bild machen – und sich außerdem die ein oder andere aufgeworfene Frage selbst stellen.
Vera Podskalsky
Prometheuskomplex wird am 29. Mai, am 1. Juni und am 2. Juni um 20 Uhr im Frankenhof aufgeführt.
http://www.reflexmagazin.de/2014/05/23/prometheuskomplex-eine-biographische-idee/