Reise in dunkle Welten

DoublefeaturePremiere von „Katharsis.Doublefeature“ im Hubertussaal

Die Stücke von Sarah Kane handeln von Liebe, Manipulation und der Ästhetik der Gewalt. Keine leichte Kost und nicht einfach auf der Bühne umzusetzen.Ein „Katharsis.Doublefeature“ entstand in Zusammenarbeit des Theaters Zwo Sieben und der Studiobühne Erlangen und hatte jetzt im Hubertussaal Premiere.

Es war einmal im Titty Twister. Vampirkönigin Salma Hayek schwingt im lila Samtbikini und mit Riesenschlange um den Hals zu Tito & Tarantula’s „After Dark“ die Hüften. „Through the floor, I’m knocking on the Devil’s door“, singt Tito auch  im Hubertussaal. Natürlich nur vom Band und es gibt hier auch keine Schlange. Jedoch ein langes, an der Decke hängendes Seil, das eine Frau zum lasziven Seiltanz nutzt. Davor steht Tinker und schwört ihr ewige Liebe.

Dabei ist Tinker eine Mischung aus Dealer und KZ-Arzt, der ansonsten in einer Anstalt die Liebe verstümmelt, wo immer sie sich zeigt. „Gesäubert“ heißt das Stück von Sarah Kane. Hier gibt es Demütigung und Misshandlung, eine Geschlechtsumwandlung und körperliche Verstümmlungen. Die jungen Schauspieler zeigen sich diesem Kraftakt jedoch gewachsen. Eine vorzügliche Regie und ein tadelloses Bühnenbild runden den positiven Gesamteindruck ab.

Die britische Dramatikern Kane litt an schweren Depressionen. Die Schübe wurden im Sommer 1998 immer stärker, was zur Folge hatte, dass die Autorin sich immer häufiger in stationäre Behandlung begeben musste. 1999 erhängte sich Kane im Alter von 28 Jahren in eine psychiatrischen Klinik. „4:48 Psychose“ ist ihre letzte Arbeit. Ein Suiziddrama, mit dem sie praktisch ihr Ende vorwegnahm. Kane gab an, während ihrer Schübe immer um 4:48 Uhr aufzuwachen. Zu diesem Zeitpunkt sei sie, von Medikamenten unbeeinflusst, fähig zu klarem Denken. Gleichzeitig wäre aber dieser Moment der mit dem größten psychotischen Anteil.

„4:48 Psychose“ ist noch eine Ecke sperriger, da wirklich jegliche Realität einem Höllenszenario gewichen ist. Eine Mixtur aus fragmentarisierten Satzfetzen, Monolog und Dialog. Auf der Bühne fallen dunkle Schneeflocken. Die Protagonisten quälen sich aus Plastiktüten. Die eine ist depressiv, die andere frigide, der dritte hasst seine Genitalien. Wie Monster mit weißen Masken erscheinen die Ärzte und nehmen eine Lobotomie mit dem Laubsauger vor. Auch hier überzeugen die Darsteller und ziehen die Zuschauer mit in Kanes dunkle Welt.

aus den Nürnberg Nachrichten am 20.07.2013.
Autor:Thomas Susemihl